Die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen, die sog.
Abgeltungssteuer, beträgt 25 %. Dies gilt nach den Regelungen im Einkommensteuergesetz
aber - unter weiteren Voraussetzungen - nicht, wenn Gläubiger und Schuldner
einander nahestehende Personen sind.
In drei Urteilen vom 29.4.2014 stellte der Bundesfinanzhof (BFH) fest, dass
der Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe
von 25 % nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil Gläubiger und Schuldner
der Kapitalerträge Angehörige sind.
In den entschiedenen Verfahren gewährten einander nahe Angehörige
fest verzinsliche Darlehen zur Anschaffung von fremd vermieteten Immobilien
durch die Darlehensnehmer bzw. stundete eine Steuerpflichtige ihrem Bruder den
Kaufpreis für die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen. Die
Finanzämter besteuerten die Kapitalerträge mit der (höheren)
tariflichen Einkommensteuer, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge
"einander nahestehende Personen" sind.
Der BFH kam jedoch zu dem Entschluss, dass ein solches Näheverhältnis
nur dann vorliegt, wenn auf eine der Vertragsparteien ein beherrschender oder
außerhalb der Geschäftsbeziehung liegender Einfluss ausgeübt
werden kann oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der
Einkünfte des anderen besteht.
Danach ist ein lediglich aus der Familienangehörigkeit
abgeleitetes persönliches Interesse nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis
zu begründen.
Hält der Darlehensvertrag einem Fremdvergleich stand, kann nicht bereits
aufgrund des Fehlens einer Besicherung oder einer Regelung über eine Vorfälligkeitsentschädigung
auf eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des Abgeltungssteuersatzes
geschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund des Steuersatzgefälles
ein Gesamtbelastungsvorteil entsteht, da Ehe und Familie bei der Einkünfteermittlung
keine Vermögensgemeinschaft begründen.
Anmerkung: Nachdem der Sachverhalt einer Darlehensgewährung unter
nahen Angehörigen, wie die Urteile zeigen, steuerlich sehr kompliziert
sein kann, sollten sich Betroffene in jedem Fall vor einer entsprechenden vertraglichen
Regelung beraten lassen.