In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall stellte eine Pferdebesitzerin
ihr Pferd einem Tierarzt wegen einer Verletzung am rechten hinteren Bein zur
Behandlung vor. Der Arzt verschloss die Wunde, unternahm aber keine weiteren
Untersuchungen. Später wurde eine Fraktur des verletzten Beines diagnostiziert.
Die Operation der Fraktur gelang nicht, das Pferd wurde noch am selben Tag getötet.
Es hatte durch den Tritt eines anderen Pferdes eine Fissur des Knochens erlitten,
die sich zu einer vollständigen Fraktur entwickelt hatte.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Tierarzt der Tierhalterin Schadensersatz
wegen der fehlerhaften Behandlung ihres Pferdes zu zahlen hat. Er habe einen
groben Behandlungsfehler in Form eines Befunderhebungsfehlers begangen. Er hätte
erkennen müssen, dass die Möglichkeit einer Fissur bestand und dazu
weitere Untersuchungen vornehmen müssen, die diese bestätigt hätten.
Anmerkung: Die BGH-Richter führten in der Entscheidung weiterhin
aus, dass die in der Humanmedizin entwickelten Rechtsgrundsätze hinsichtlich
der
"Beweislastumkehr" bei groben Behandlungsfehlern, insbesondere
auch bei Befunderhebungsfehlern, auch im Bereich der tierärztlichen Behandlung
anzuwenden sind. Beide Tätigkeiten beziehen sich auf einen lebenden Organismus.